Das Orchester von Malûn
1
In der Real-Zeit des Jahres 7502 (nach
der Zeitrechnung von Altair IV) kehrten die
Weltraumkreuzer der Létheios-Flotte zurück.
Jedes Schiff war nur noch ein einziges Mal
vorhanden, aber vielen Besatzungsmitgliedern
war seltsam unwohl, da sie plötzlich
unterschiedlichste Erinnerungen aus allen
Zeitschleifen in sich verspürten. Die
Optimierung zu einer einzigen Person
verursachte offenbar gewisse Paradoxa, doch
dies war eines der leichteren Probleme, mit
denen die Altairaner fertig werden mussten.
Das Tor der Temporalen Harmonie
erlosch wieder. Orin Tadschuriath, der alte
graubärtige Raumschiffskommandant, stellte
zufrieden fest, dass es die Chronasthenie-Furche
vollkommen neutralisiert hatte. Die Gefahr für
das SOL-System war gebannt – die Gefahr für
die PANDORA jedoch keineswegs. Mit den
zurückgekehrten Schiffen und dem kleinen
Verband der gefangenen Chelorier, die sich
eigenartig gefügig verhielten, zog die PANDORA
zum Rand des SOL-Systems zurück.
Mit funkelnden Augen betrat Prinz Midja
die Kommando-Zentrale. Er schüttelte seine
wilde rote Mähne; und entblößte sein kräftiges
Gebiss mit den Fangzähnen.
"Das sind ja wirklich in höchstem Grade
verheerende Neuigkeiten über Qe-Le'Mahar und
Asera Ghor..." fauchte er Orin Tadschuriath
leise mit seiner sehr rauen Stimme an. "Sind
die beiden wirklich nicht zurückgekehrt?"
Seine glitzernden Chrom-Implantate?
Gargantuanflügel schlugen auf und ab, und sein
anderthalb Meter langer Schwanz zuckte
gefährlich umher. Außer den roten Metallshorts
der Fornax-Piraten trug er nur Arm- und
Fußreifen, die mit extrem gefährlichen Spitzen
versehen waren.
Orin Tadschuriath, der diesen einstigen
Prinzen und jetzigen Jung-Unsterblichen seit
dessen Kindheit kannte, sah, wie sehr er
betroffen war. Die meisten Mitglieder der
Besatzung hatten Ehrfucht vor ihm und waren
eingeschüchtert wegen seiner imposanten
Erscheinung, doch Orin verspürte keine Furcht.
Im Gegenteil, er wusste, wie zartfühlend der
Fornaxaner tatsächlich war.
„Ja, aber sie sind nicht tot, mein
Junge,“ entgegnete er. „Wirklich?“ Midja hob
den Kopf, und Hoffnung schimmerte in seinen
Augen. Man erkannte es an der kaum merklichen
Verdunkelung ihres Farbtons.
„Ja“, antwortete der stolze Xandyrier
Pylades grimmig, anstelle von Orin. „Die
beiden haben sich aus dem Staub gemacht! In
jeder Zeitschleife haben sie sich abgesetzt –
selbst in der letzten, als die Chronasthenie-Furche
bereits existierte... Sein letzter Sprung war
verdammt risikoreich! Qe-Le’Mahar sah sein
zukünftiges Selbst implodieren, nachdem es aus
der Zukunft in die Raumschlacht der Gegenwart
zurückgesprungen war. Und dann ist er einfach
fortgeflogen, denn wäre er geblieben, wäre er
auch wieder in seine Vergangenheit gesprungen
– und vernichtet worden. Er floh, und
eigentlich hätte es von diesem Moment an
unmöglich sein sollen, dass sein Schiff später
aus der Zukunft zurückkehren würde, um im
Kampf zerstört zu werden – aber das wäre nur
das erste der unendlich vielen Paradoxa dieser
Schlacht in der Möbius-Schleife! Allerdings
ist es keineswegs ausgeschlossen, dass er
später noch einmal zu diesem Moment
zurückkehren wird, um dann tatsächlich
unterzugehen ...“
„Ist denn bekannt, was ihr Ziel war?“
Die sanfte Stimme, die dies fragte, hörte man
äußerst selten in der Kommandozentrale. Es war
Zo-Ca‘Riel. Der Okieean lächelte, als sich
alle ihm zuwandten – es war der Klang seiner
Stimme, die Schönheit seines Aussehens, die
Art, wie die kühle, sterile Luft frischer zu
werden schien in seiner Umgebung und manche
sich einen dezenten Duft von Blumen einbilden
konnten. Jene hochentwickelte Synthese von
Körper, Geist und Seele – alles das bezauberte
die Menschen und auch die jungen
Unsterblichen, die noch kein halbes
Sterblichenalter erreicht hatten; außer
Pylades und Orin Tadschuriath.
Letzterer antwortete dem Millionen von
Jahren alten Lebewesen. „Qe-Le’Mahar und Asera
Ghor sind in unsere Zeit zurückgekehrt, und
zwar ins SOL-System. Ich spüre ihre
Ausstrahlung auch aus dieser großen
Entfernung.“ – „Das Signal von Qe-Le’Mahars
Nachrichtensonde hat uns die Koordinaten
übermittelt“, fügte Pylades noch hinzu. „Sie
haben sich zum Neptunmond Triton begeben, und
zwar unmittelbar nachdem Tholokion Ghard die
chelorische Wachflotte in die Zukunft gelockt
hatte.“
Midja blickte ihn verwirrt an. „Triton.
Was wollen sie denn dort?“ fauchte er Pylades
an. Jener lächelte versonnen. „Dieser Mond
barg für die Xandyrier, die hier einst lebten,
ein Geheimnis, heißt es in einer Legende. Ein
Geheimnis, das sogar älter ist als die
Zivilisation der Terraner. Ich vermute,
Qe-Le’Mahar will dieses Geheimnis lüften.“
Zo-Ca’Riel war plötzlich verwirrt. Er hatte
ein seltsames flaues Gefühl, dessen Ursache er
aber nicht genauer feststellen konnte – er
wusste nur, dass sie auf dem Neptunmond lag.
„Ich werde nach Triton aufbrechen!“
entschied der Okieean, mit fester
Entschlossenheit. Pylades nickte ihm zu. „Ich
begleite Sie, Zo-Ca’Riel. Mein Schiff, die
N'TELAVRA, ist startklar.“ – „Damit bin ich
einverstanden“, äußerte der Okieean seine
Zustimmung.
Der alte Orin hatte ihn lange
grüblerisch betrachtet. „Sie haben sehr viel
von Ry-Xar’Nihr an sich. Sein Mut, seine
Weisheit, seine Liebe ... Hoffentlich kann er
sich schon bald wieder verstofflichen – ich
trage das Psychoniumfragment mit seiner Essenz
schon viel zu viele Jahre, seitdem er sich das
letzte Mal entstofflichte.“ Zo-Ca’Riels Blick
wurde jedoch noch abwesender durch diese
Worte. „Gehen wir“, meinte Pylades. „Wir
müssen auf Triton sein, bevor dieses WEISSE
SCHIFF wieder auftaucht.“ Die beiden gingen
hinaus, und Minuten später verließ die
N'TELAVRA den Hangar der PANDORA und schwenkte
herum auf Kurs zu den Monden Neptuns.
Midja beschäftigten wieder die Gedanken
an das Schiff aus Weißem Licht, das eigentlich
schon längst hätte auftauchen müssen.
Schließlich lag das SOL-System ungeschützt da,
bis auf mehrere Orbitalstationen der Chelorier
über der Erde. „Wir nähern uns dem Saturn“,
meldete Steueroffizierin Gatin Parker. Auf dem
Bildschirm wurde der bezaubernde, goldgelbe
Planet mit dem Ringsystem erkennbar, welcher
neunmal so groß war wie die Erde (ganze
120.670 Km Äquatorialdurchmesser). „Wir landen
auf der Operationsbasis von Japetus und warten
dort auf das Auftauchen des Weißen Schiffes –
wenn es je auftaucht!“ befahl Orin
Tadschuriath. Midja, der die Saturnringe
bewundert hatte, drehte sich zu dem alten
Freund um. „Diese Frage lautet anders - ich
weiß zwar nicht, wie, aber sie lautet alles
andere als „wenn“. Wir leben jetzt in einer
Welt ohne Wenn.“
*
Triton, der Eismond Neptuns. Zu den
Zeiten der großen Freundschaft zwischen dem
Planeten Xandyria und der alten Erde (vor
ihrem Nebelschlaf) hatten die Xandyrier hier
bekanntlich eine Station errichtet – in
bereits bestehenden uralten Hallen aus einer
längst vergangenen Epoche, deren Geheimnisse
sie jedoch niemals hatten ergründen können ...
Der Okieean Qe-Le’Mahar wusste, dass diese
unterirdischen Gewölbe von seinem Volk
errichtet worden waren, zu einem Zeitpunkt,
als die Evolution der Menschen der Erde gerade
begonnen hatte – um sie zu beobachten auf
ihrem langen Weg in eine vielversprechende
Zukunft. Tief im Innern dieses Mondes jedoch
sollte es angeblich eine noch viel ältere
Station der Okieean und anderer Wesen geben.
Eine Station, welche lange vor Qe-Le’Mahars
oder Zo-Ca’Riels Geburt erbaut worden sein
mochte.
Jetzt, da es ihm möglich war, Triton
anzufliegen, hoffte Qe-Le’Mahar, dort einige
grundlegende Kenntnisse zu gewinnen und
gewisse Rätsel zu lösen, die mit seinem Volk
zu tun hatten. Warum hatte jene finstere
Entität namens Zolthai die Chelorier dem
unsterblichen Volk der Okieean überhaupt
entgegengeworfen? Die beschädigte MORENA
setzte auf der Landeplattform der xandyrischen
Station namens Eléodschahlihl auf, und die
Plattform sank in die Tiefe des Hangars herab.
Die riesigen Luken schlossen sich, allerdings
wurde keine Atmosphäre in den Raum geleitet –
die Umweltsysteme von Eléodschahlihl
funktionierten schon lange nicht mehr.
Asera Ghor – die drei Meter große
anthropomorphe Chelorierin mit der schwarzen
latex-artigen Haut, vier Armen und einem
Rüssel statt Nase - stieg in einem Skaphander
aus, während der Okieean Qe-Le’Mahar in der
Lage war, mit seinen Sinnen ein eigenes
Kraftfeld um sich zu generieren, das ihn mit
Wärme und Luft versorgte – er besaß sogar ein
Organ, mit dem er Gravitationsfelder erzeugen
konnte, und eines, um als Lichtquelle zu
erstrahlen. Im Grunde genommen hatte die
Evolution der Okieean dazu führen sollen, dass
sie im Weltraum leben würden, doch dann waren
sie einfach verschwunden... Qe-Le’Mahar wollte
herausfinden, was geschehen war. Irgendwie
konnte er sich nicht vorstellen, dass die
Chelorier dafür verantwortlich waren.
Die beiden stiegen über eine Treppe in
die Tiefe. „Es gibt einen verborgenen
Verbindungsschacht zu der tieferliegenden
okieeanischen Station“, meinte Qe-Le’Mahar.
„Was glaubst du, was für Antworten werden wir
dort finden, mein Bruder?“ fragte Asera Ghor,
während sie die unterste Ebene von
Eléodschahlihl erreichten. Mit der Helligkeit
seiner Aura erleuchtete Qe-Le’Mahar die
dunklen Räume aus wertvollen Metallen und die
eigenartigen Maschinenanlagen der Xandyrier.
Trotz ihres hohen Alters schienen diese
Anlagen noch funktionsfähig, doch ihr Sinn war
nicht erkennbar. „Unter Umständen gibt es
überhaupt keine Antworten, meine Schwester“,
seufzte der Okieean. „Und wo ist dieser Tunnel
zu der anderen Station?“ – „Er wird sich uns
zeigen.“ – „Was?!“ Asera Ghor sah ihn mit dem
chelorischen Äquivalent von Verwirrung an –
sie rollte ihre Augen in entgegengesetzten
Drehungen und rotierte ihren Rüssel. „Du wirst
gleich Gelegenheit bekommen, es zu sehen –
hoffe ich...“
Sie kamen durch zwei weitere
Maschinenräume, als sich zu Aseras
Überraschung langsam ein schwarz-silbern
glitzernder Strahl aus der Wand schob und die
Aura Qe-Le’Mahars berührte – dieser war
keineswegs verwundert und ließ den Kontakt zu.
„Das ist ein Identitäts-Scan. Wie es scheint,
hat der Mechanismus deine okieeanische Aura
registriert“, begriff die Chelorierin.
„Äußerst scharfsinnig, meine Schwester“,
lautete die gleichmütige Antwort Qe-Le’Mahars.
Eine freundliche, geschlechtslose Stimme
ertönte auf okieeanisch. „Willkommen in Nakal,
Qe-Le’Mahar“, und in der Wand öffnete sich ein
großes Portal. „Tretet ein, meine Freunde.“
Asera Ghor trat an den Durchgang, um zu sehen,
was dahinter lag, und japste auf, denn sie sah
nichts als Schwärze. Nicht einmal Qe-Le’Mahars
Aura erhellte sie.
„Was soll denn das werden, wenn es
fertig ist?“ Qe-Le’Mahar lachte. „Vertraue den
Okieean! Komm – ich nehme dich in mein
Kraftfeld auf...“ Nachdem sich seine Aura so
vergrößert hatte, dass sie die Chelorierin
aufnahm, traten sie in die Dunkelheit, und das
Portal schloss sich wieder. Asera Ghor grollte
dezent, ihr Unwohlsein konnte sie kaum
verbergen. „Hier wird sich jedenfalls kein
Chelorier jemals herwagen – wir fürchten
nichts so sehr wie die absolute Dunkelheit.
Ich kann nicht einmal mehr spüren, ob ich auf
etwas stehe oder nicht“, stieß sie hervor.
„Das ist mein eigenes Gravitationskraftfeld,
meine Schwester. Wir schweben zur Station
Nakal herunter“, erklärte der Okieean
gleichmütig. Verwirrt sah sich Asera Ghor um.
Sie konnte keinerlei Bewegung verspüren.
„Wenigstens einer von uns hat seinen Spaß“,
brummte sie missmutig und schloss ihre Augen.
*
Inzwischen näherte sich auch die
N'TELAVRA dem Mond Triton. Pylades dachte
darüber nach, wie lange er schon nicht mehr
hier gewesen war. Seine Eltern, damals die
Herrscher von Xandyria, hatten ihm und seinem
nun auch bereits seit Jahrhunderten
verschollenen Bruder Coniston einmal das
SOL-System und verschiedene historische
Stätten gezeigt, während die Erde in ihrem
Nebelschlaf geruht hatte. Darunter war
natürlich auch Eléodschahlihl, die uralte
Station der Xandyrier gewesen. „Seit mehr als
viertausend Jahren war ich nicht mehr hier“,
sprach er leise.
„Aber Lukâs Kazimierz und der Oberste
Zeitwächter kämpften hier gegeneinander, vor
etwa 22 Jahren ... Perthaycs Zeitwacht scheint
ja wohl mittlerweile eliminiert zu sein,
vermutlich durch den Schwarzen Nebel, sonst
hätten sie schon längst in diesem Konflikt
eingegriffen.“ Behutsam lenkte er die
N'TELAVRA über den Landeschacht, der sich
öffnete und eine Plattform hochfuhr, auf der
die MORENA stand. „Sie sind tatsächlich da“,
erkannte er und war beruhigt, als er neben dem
Okieean-Schiff landete. Zo-Ca’Riel wandte sich
ihm zu. „Ich wäre mir da nicht so sicher“,
sagte er grüblerisch. „Aber ihr Schiff ist
doch hier!“ protestierte der Xandyrier. „Das
meine ich nicht. Ich spreche von Perthaycs
Zeitwacht. Finden Sie einen Weg, um mit ihr
Kontakt aufzunehmen, Pylades, und Ihre
Probleme werden gelöst sein.“
Die Landeplattform war nun wieder im
Hangar, über dem sich die Tore schlossen. „Das
kann ich mir nicht vorstellen“, seufzte
Pylades. „Und zunächst sollten wir Qe-Le’Mahar
und Asera Ghor finden, meinen Sie nicht? Und
die Okieean-Station!“ – „Ich kenne den Weg!“
erwiderte Zo-Ca’Riel mit einer Gewissheit, an
der der Xandyrier nicht zweifeln konnte.
Gemeinsam stiegen sie aus. Auch Pylades
benötigte keinen Skaphander, er modifizierte
nur geringfügig die Matrix seiner Projektion,
um auf Wärme und Luft verzichten zu können
(der Xandyrier, der bekanntlich eine Kolonie
aus Mikroorganismen mit Kollektivbewusstsein
war, welche eine energetische Matrix
kontrollierten, mit deren Hilfe sie Pylades‘
äußere Form projizierten, einen bezaubernden
goldbraunen Körper mit langem
schwarz-glänzenden Haar und scharfen grünen
Augen, bevorzugte es jedoch, sich durch Atmen
das Gefühl einer gewissen körperlichen und
seelischen Ausgeglichenheit zu ermöglichen).
„Dann waren Sie also auch schon hier?“ wollte
er von Zo-Ca’Riel wissen, als sie in der
Schleuse der N'TELAVRA standen. Doch er
erhielt nur eine weitere rätselhafte Antwort.
„Ich weiß es nicht.“
*
Die Dunkelheit verschwand, und Asera
Ghor blickte sich beeindruckt um. Sie standen
in einer Höhle, die mehrere Kilometer lang wie
hoch war. An den Wänden ragten Felsentürme
empor, auch auf der Weite der Ebene standen
sie wie Stalagmiten oder hingen wie
Stalaktiten von der Decke herunter, jedoch in
gigantischen Größenverhältnissen. Die Höhle,
wie auch die Türme, bestand aus einem
graugrünen marmorartigen Material, das seine
eigene Leuchtkraft besaß. Durch leichte
Nebelschwaden strahlte das matte Licht.
Asera Ghor blickte auf ihren
Armbandanzeiger. „Mir scheint es
beeindruckend, dass meine Sensoren hier das
Vorhandensein einer Atmosphäre registrieren –
die sogar für uns atembar ist,“ erklärte sie
und nahm ihren Helm ab. „In einer solchen
Umgebung lebte dein Volk?“ fragte sie
verwirrt. „Nein. Dies war nur eine kleine
Außenstation zur Beobachtung der Evolution der
Terraner. Du hättest unsere strahlenden,
klingenden Planetaren Städte sehen sollen,
meine Schwester. Das Leben ohne sie ist fast
so, als müsstest du plötzlich ohne dein Gehör
leben. Nakal – so heißt dieser Ort – ist nur
ein matter Abglanz... Horch!“
Die Chelorierin lauschte und vernahm
ein helles, leichtes Klingen, welches einen
geringfügig euphorisierenden Effekt hatte.
„Sehr schön. Aber deswegen sind wir doch nicht
hier, oder?“ Ihre Augen blitzten den Okieean
an. Dieser seufzte. „Ich weiß. Wir haben nicht
viel Zeit. Vor allem, weil mir eine leichte
Veränderung in der Tonalität dieses Klangs
mitteilt, dass wir nicht mehr die einzigen auf
Triton sind.“ – „Wer wird uns hier
Gesellschaft leisten wollen?“ knurrte die
Chelorierin. „Ohne mich damit abfällig über
Nakal äußern zu wollen...“ – „Da du das aller
Wahrscheinlichkeit nach in Kürze erfahren
wirst, erübrigt sich die Frage, meine
Schwester“, entgegnete Qe-Le’Mahar kühl. Asera
ließ einen unidentifizierbaren Laut ertönen,
doch der Okieean schien dies nicht zur
Kenntnis zu nehmen. „Nakal!“ rief er laut auf
okieeanisch. „Stadt, werde zu Wissen und zum
Wesen! Denn unser Universum ist noch nicht
vergangen, und jetzt ist es nichts als hier
und die Frage nach dir...“
Fast klang es wie ein Gesang; Asera
verstand die Worte nicht, aber ihr Klang war
erfüllt von sehnsüchtiger Traurigkeit und
brennender Neugier. Einen Okieean in seiner
Sprache reden zu hören, konnte begreiflich
machen, mit welcher Tiefenwirksamkeit ein
gesprochener Laut genau das berühren kann, was
in seinem Sinn liegt. Fast war es eine
Sprache, die auch der verstehen konnte, der
sie nicht kannte.
Zu Aseras Überraschung veränderte sich
nun die Höhle. Die Felswände, die eben noch
fest gewesen waren, wirkten nunmehr wie ein
aufwallender Ozean. Die Stalagmiten wanderten
umher, ebenso die Stalaktiten. Einer der
herabhängenden Türme kam direkt vor den beiden
zum Stillstand, und der Boden unter ihren
Füßen wuchs nach oben, erhob sich empor zu
diesem Turm. „Eine praktische Stadt,
Qe-Le’Mahar“, rief Asera anerkennend. „Man
geht nicht etwa auf die Suche nach einem Ort,
nein, man lässt ihn einfach selber zu sich
kommen!“ Nachdem sich ihr Podest vor einem
großen Eingang des Turms verfestigt hatte und
der Rest der Station ebenfalls wieder starr
verharrte, betraten die beiden „Geschwister“
den Riesenstalaktit. „Hier dürfte eine Art
Archiv sein. Wir werden gleich Klarheit über
alles erhalten, meine Schwester.“
*
Schriftrollen, Bücher, Zeichnungen,
Gemälde, Statuen, elektronisch gespeichertes
Ton- und Bildmaterial, holographische
Datenkristalle – alle erdenklichen Formen von
aufgezeichneter Geschichte fanden sich in der
großen Steinhalle, die Qe-Le’Mahar und Asera
Ghor durchforschten. „Wenn wir wüssten, wonach
wir überhaupt suchen!“ rief die Chelorierin,
der das ganze Unterfangen immer sinn- und
aussichtsloser vorkam. „Was möchtest du
wissen?“ Asera fuhr herum, da sie diese Stimme
nicht kannte. Das dreidimensionale
Lichtquantenphantom eines Okieean leuchtete
auf. „Ich bin ein Abbild Del-Ka’Rahls, des
letzten Okieean, der hier gelebt hatte... Sein
ganzes Wissen ist in mir gespeichert.“
Qe-Le’Mahar kam hinzugeeilt und
lächelte. „Del-Ka’Rahl – ein alter Freund von
mir. Er musste gewusst haben, dass ich eines
Tages hierherkommen würde.“ – „Du vielleicht
schon, aber eine Chelorierin?“ Das
Lichtquantenphantom war gegenüber Asera Ghor
äußerst reserviert. „Wir sind Geschwister“,
erklärte Qe-Le’Mahar äußerst knapp.
„Tatsächlich?“ – „Im wahrsten, im universellen
Sinn des Wortes, verstehst du? Nicht, dass das
jetzt sehr wichtig wäre. Ich muss vielmehr
wissen, was damals nach dem Krieg der Okieean
gegen die Ur-Chelorier geschehen ist!“ Das
Lichtquantenphantom nickte langsam. „Ja...“
sagte es bedächtig. „Du verschwandest im Jahre
907 des Zeitalters von Um-Ni’Omnu – du kannst
es nicht wissen. Äußerst seltsame Dinge
geschahen. Du weißt, dass eine Entität namens
Zolthai den Tod aller Okieean wollte und zu
diesem Zweck das Volk der Chelorier (von dir
mittlerweile Ur-Chelorier genannt, wie mir
aufgefallen ist) auf uns hetzte. Doch seine
Gründe dafür waren uns unbegreiflich
geblieben. Jedoch erschien eine weitere
mächtige Entität namens Athanakreon und half
uns, die Chelorier zu besiegen. Dann
überbrachte uns jemand eine Botschaft von noch
höheren Mächten, genannt die Zeitmäander. Es
waren Informationen, die unser Volk tief
bewegten, denn sie schilderten den Vorgang der
Entstehung Athanakreons... Es war vor einer
undenklich langen Zeit, als es weder Okieean
noch Chelorier gab, da erschien wie aus dem
Nichts eine hochmögende Zivilisation in der
Ersten Galaxis, weit entwickelt und am Rande
des nächsten Schritts ihrer Evolution stehend,
doch führten jene Wesen diesen Schritt nicht
durch; statt dessen verschmolzen sie ihre
Energien und ihre Materie ineinander, um aus
sich selbst heraus die Entität Athanakreon zu
bilden... Du kannst dir sicher schon denken,
dass die Zeitmäander uns bewiesen, dass wir –
die Okieean – jenes Volk waren, das einen
Zeitsprung in die Vergangenheit durchgeführt
hatte und durchführen sollte... Wir brauchten
lange, um uns zu entscheiden. Der Abgesandte
der Zeitmäander, dessen Name Akzanar war,
blieb bei unserem Volk und drängte uns nicht.
Nachdem wir eine lange kollektive Meditation
durchgeführt hatten, beschlossen wir, der
Aufforderung durch die Zeitmäander
nachzukommen. So traten wir also im Jahre 1311
des Zeitalters von Um-Ni’Omnu die Reise an, in
eine der fernsten Vergangenheiten, um dort
unserer Bestimmung zu folgen. Nur fünf von uns
blieben zurück: Zo-Ca’Riel, Um-Ni’Omnu,
Ry-Xar’Nihr, Al-Li’Andra – und du,
Qe-Le’Mahar, du allerdings nur deshalb, weil
wir dich nirgendwo finden konnten, du warst ja
verschollen... Aber seit diesem Zeitpunkt war
klar, warum der Zolthai uns vernichten wollte
- um die Entstehung Athanakreons zu
verhindern.“
Das Lichtquantenphantom verstummte.
Asera Ghor hatte sich auf den kühlen
Steinboden gesetzt und senkte andächtig den
Kopf, ohne ein Wort zu sagen. Qe-Le’Mahar ging
langsam durch den Raum und blieb bei einem
Fenster stehen. Die matte, kühle Schönheit der
Station Nakal kam ihm plötzlich noch
plastischer und lebendiger vor. „Also entstand
Athanakreon aus Okieean... Unglaublich,“
murmelte er. „Es ist kaum zu fassen. Der
Zeitkrieg wurde keineswegs von den Cheloriern
begonnen, mein Bruder. Es waren die Okieean“,
begriff Asera Ghor. „Nicht, dass das etwas
ändern würde...“ fügte sie dann noch hinzu.
Qe-Le’Mahar antwortete ihr nicht. Er vermisste
die Relevanz in dem, was er gerade gehört
hatte; es schien unplausibel und
uncharakteristisch für die Art und Weise, in
der sich das Universum eigentlich entwickelte.
„Sei getrost, Qe-Le’Mahar. Der
Eindruck, dass alles Geschehende
vorherbestimmt und unbeeinflussbar sei, wirkt
nur für den Augenblick wie eine überwältigende
und unumstößliche Wahrheit“, hörte er auf
einmal eine Stimme, die nicht hierher zu
passen schien, obwohl er sie gut kannte und
ihren Klang geliebt hatte. „Zo-Ca’Riel!“ rief
er aus und sprang auf den anderen Okieean zu,
neben dem der Xandyrier Pylades stand. Asera
Ghor erhob sich und blickte perplex zu, wie
sich die beiden innigst umarmten – spätestens
jetzt begann die Situation für sie einen
ersten Höhepunkt leichter Absurdität zu
erreichen. Argwöhnisch stand sie abseits von
den drei Humanoiden und lauschte nur zur
Hälfte den Erklärungen, welche Pylades und
Qe-Le’Mahar von sich gaben, jedoch
registrierte sie, dass Zo-Ca’Riel sie
misstrauisch musterte. Qe-Le’Mahar bemerkte es
allerdings auch und stellte die Chelorierin
vor. „Sie ist meine Schwester, Zo-Ca’Riel; und
ich bin ihr Bruder – niemand kann unser
Verhältnis zueinander erschüttern. Ich würde
mir wünschen, dass ihr Freunde werdet.“ – „Wir
haben uns wohl zu lange nicht gesehen,
Qe-Le’Mahar – aber ich vertraue dir trotzdem.
Endlich sind wir beide nicht länger allein.
Für lange Zeit dachte ich, ich sei der letzte
der Okieean“, sprach Zo-Ca’Riel. Das seltsame
Gefühl, das ihn hierhergezogen hatte, schrieb
er jetzt gänzlich der Tatsache zu, wie sehr er
diese Begegnung ersehnt hatte. Qe-Le’Mahar
lachte. „Zu sagen, mir wäre es anders
ergangen, könnte keine größere Lüge sein!“
Pylades‘ Funksensor erhielt eine
automatische Ortungsmeldung von der N'TELAVRA.
„Ich unterbreche Ihre konjunktivischen
Höhenflüge nur äußerst ungern, aber das WEISSE
SCHIFF der Chelorier ist aufgetaucht“, meldete
der Xandyrier dann: „Wir müssen etwas
unternehmen.“
‚Weißes Schiff?‘ dachte Asera verwirrt,
aber nun wollte sie eigentlich wirklich nichts
mehr hören. Als jedoch Qe-Le’Mahar danach
fragte, wurde auch diese Erklärung von Pylades
geliefert... „Aber die N'TELAVRA kann doch
gegen dieses Zeitschiff nichts ausrichten –
und die Chelorier werden niemals hierher
kommen“, sprach Zo-Ca’Riel. Pylades sah ihn
missmutig an. „Ein sicheres Versteck“,
entgegnete er abfällig. „Sie können gerne alle
hierbleiben, aber ich werde wieder starten!“ –
„Wir müssen vernünftig handeln!“ sagte
Qe-Le’Mahar ruhig: „Ich beschwöre Sie, zu
bleiben. Der Schlüssel zu all diesen Problemen
liegt hier.“
Asera Ghor hörte ihnen nicht mehr zu.
Sie ließ ihre Gedanken unkontrolliert
schweifen, so dass sie sich auflösten und sich
einer gewissen Ruhe, einem Frieden hingaben.
Sie musste herausfinden, was tatsächlich zu
tun war. Der Frieden breitete sich in ihr aus
und erfüllte sie – plötzlich schien alles in
eindeutiger Klarheit vor ihr zu liegen, und
sie sah durch das Durcheinander der Zeiten
eine Linie, die sie verfolgen musste. Der
Dunkle Herrscher von IRIA... Kaum war ihr
jedoch dieser Gedanken gekommen, stutzte sie.
Was hatte diese Eingebung bei ihr verursacht?
Sie nahm eine eigenartige Strömung in ihren
Gedanken wahr, und sie erinnerte sich
plötzlich an die Zeit, als sie selber noch die
Menschen bekämpft hatte. Dieser feste Wille,
die Entschlossenheit, die Kaltblütigkeit, der
Scharfsinn und der Rausch der Ekstase, die
Menschen auszurotten - wie gut hatte sie diese
Form des Empfindens gekannt! Alle diese
Gefühle waren mit einem Mal wieder seltsam
präsent in ihr, obwohl gleichzeitig die
unerschütterliche Tatsache existierte, dass
Qe-Le’Mahar ihr Bruder war – ein Kind dieses
Kosmos wie sie.
„Etwas ist hier!“ Erst, als sie diese
Worte aussprach, begriff sie sie. Die anderen
blickten zu ihr und verstummten überrascht.
„Was meinst du?“ fragte Qe-Le’Mahar, den ihr
Tonfall äußerst beunruhigte. „Etwas ist hier!“
wiederholte die Chelorierin. „In diesen
Gemäuern befindet sich noch etwas anderes
außer uns. Etwas Finsteres, Gefährliches – und
es lebt!“ Sowohl Qe-Le’Mahar als auch
Zo-Ca’Riel lauschten alarmiert dem hellen
Klang, den Nakal von sich gab, doch sie
konnten keine Veränderung feststellen. Auch
Pylades konnte mit seinen Sinnen kein fremdes
Wesen verspüren. „Gut“, flüsterte er. „Den
Zolthai oder den Schwarzen Nebel hätte ich an
ihrer Ausstrahlung erkannt...“ Asera Ghor
starrte auf die zweite Tür der Bibliothek.
„Was ist hinter dieser Tür?“ fragte sie das
holographische Abbild des Archivars und
Historikers. Del-Ka’Rahl überlegte einen
Moment. „Diese Tür war bei meiner letzten
Aktivierung durch die Okieean Um-Ni’Omnu noch
nicht da. Solche Verformungen sind in Nakal
allerdings nichts Ungewöhnliches. Es muss hier
etwas in der Zwischenzeit passiert sein.“
Da er nur ein Lichtquantenphantom war,
sprach er diese Worte so gleichmütig wie eine
Einladung zum Tee aus. Asera Ghor ging langsam
auf die Tür zu und starrte den Tastsensor mit
stechendem Blick an. „Vielleicht ist das keine
besonders gute Idee“, sinnierte sie, aber sie
berührte den Sensor, und die Tür öffnete sich
mit einer schnellen Bewegung. Der Raum
dahinter war dunkel, aber auch verlassen.
Pylades atmete auf, etwas erleichterter – dann
traten sie ein.
Ein großer Steinquader stand im Zentrum
des Raumes, ein Meter hoch, zwei Meter lang.
Auf ihm lag eine einzelne kristalline Blume.
Schweigend standen die vier vor diesem Gebilde
– es war klar, was sie hier vor sich hatten.
Qe-Le’Mahar entdeckte auf der anderen
Seite des Quaders eine kleine Platte aus
Titanium und ging um ihn herum, um die
opalisierte Kristallinschrift in okieeanischen
Buchstaben zu lesen. „Hier liegt...
Zo-Ca’Riel. Geboren im Jahre 91 des Zeitalters
von Sa-Ro’Keom – Gestorben im Jahre 4 des
Zeitalters von Zo-Ca’Riel – als letzter der
Okieean.“ Aus der Betroffenheit war
Verblüffung geworden. Pylades schaute
Zo-Ca’Riel an, mit – er konnte sich nicht
helfen – einer gewissen Amüsiertheit. „So. Sie
werden also tatsächlich hier gewesen sein.
Irgendwann in der Zukunft werden auch Sie in
die Vergangenheit reisen, und dort werden Sie
sterben. Sie können sehen: Ihr Grab wird
ergreifend schön geworden sein.“
Qe-Le’Mahar war ungehalten über den
Xandyrier. „Schweigen Sie!“ herrschte er ihn
an. „Nein“, brachte Zo-Ca’Riel hervor: „Alles
ist ganz anders, als Sie denken. Mir fällt nun
ein, was geschah - eine verschüttete
Erinnerung!“ Eine plötzliche Schwäche überfiel
ihn mit nie gekannter Heftigkeit; Eiseskälte
erfasste ihn, und er sank zu Boden. Pylades
fing ihn blitzschnell auf. Eigentlich war es
unmöglich, dass ein Okieean in Ohnmacht fiel –
schließlich hatten sie alle Körperprozesse bis
zu einem Punkt absoluter Kontrollierbarkeit
entwickelt. „Ich war wirklich schon hier“,
flüsterte Zo-Ca’Riel. „Und ich...“ Ehe er den
Satz vollenden konnte, verlor er das
Bewusstsein. Behutsam ließ der Xandyrier den
bewusstlosen Zo-Ca’Riel zu Boden gleiten, wo
er reglos liegenblieb.
Qe-Le’Mahar war erschüttert. „Was...“
begann er eine Frage, doch in diesem Moment
verwandelte sich Zo-Ca’Riels Körper in einen
irisierenden Blitz – ein Vorgang, den Pylades
sofort erkannte. „Die Entstofflichung einer
psychonischen Manifestation!“ rief er erstaunt
aus. „Genau wie bei Orin Tadschuriath und dem
Psychoniumfragment von Ry-Xar’Nihr!“ Der
flirrende Energiewirbel vergrößerte sich
langsam. „Gehört zur Entstofflichung der
Manifestation nicht auch die Rematerialisation
einer tatsächlichen Person?“ fragte Asera
Ghor. „Ein Vorgang, dessen du gerade Zeugin
bist, Schwester. Ich schlage vor, dass wir
...“
Qe-Le’Mahar konnte seinen Satz erneut
nicht beenden – vor ihnen materialisierte das
Wesen, welches das
Zo-Ca’Riel-Psychoniumfragment trug. Es war ein
Chelorier. Pylades erkannte ihn an der weißen,
gezackten Linie, die quer über sein dunkles
Antlitz verlief. In dem holographischen
Bildmaterial der Zeonarran-Chronik hatte er
ihn bereits einmal gesehen.
Vor
ihnen stand Koinos Khedma – der Dunkle Herrscher
von IRIA.
2
Pylades hatte nicht die geringste
Ahnung, was die erneute Veränderung der
Situation zu bedeuten hatte. Aber er reagierte
trotzdem schneller als die anderen und tat
das, was ihm notwendig erschien. Mit
unglaublicher Geschwindigkeit bewegte er sich
zu dem Chelorier, der soeben seine
Verstofflichung komplett abgeschlossen hatte,
nahm ihm das Zo-Ca’Riel-Psychoniumfragment ab
und übergab es Qe-Le’Mahar. Dann justierte er
seine temporale Matrix wieder auf den normalen
humanoiden Geschwindigkeitsablauf. „Das gehört
jetzt wohl Ihnen, Qe-Le’Mahar“, erklärte er
ruhig. Der Okieean nahm es wortlos an sich und
starrte immer noch erschüttert auf den
Kristall.
Koinos Khedma stand weiterhin reglos da
– seine Sinne waren noch desorientiert von der
langen Periode der Entstofflichung. Aber etwas
stimmte nicht mit ihm. Seine latex-artige Haut
war nicht schwarz wie die von Asera Ghor oder
allen anderen Cheloriern, die Pylades kannte,
sondern sie war hellgrau, und er war höchstens
1,70 Meter groß. „Er ist noch ein Kind!“ rief
Asera Ghor verblüfft aus. Allmählich fasste
sich Koinos Khedma, er hörte zu zittern auf,
und seine Augen wurden ruhig. Pylades trat vor
ihn. „Ich weiß nicht, was hier vorgeht. Jedoch
eines soll Ihnen klar sein: Wenn Sie sich
bewegen sollten, werde ich Sie töten. Kein
Slotram ist hier, der mich mit einer
ESP-Blockierung aufhalten könnte, und wenn ich
auch aussehe, als sei ich nur ein Mensch, so
habe ich Fähigkeiten, Sie zu töten, so schnell
und wirkungsvoll, dass Sie es nicht einmal
bemerken werden.“
Asera Ghor erschauerte. Noch nie hatte
sie ein humanoides Wesen so eiskalt und
angsteinflößend sprechen hören. Obwohl ihr
nicht daran lag, ihrem Erzfeind, dem Dunklen
Herrscher, zu helfen, so wusste sie dennoch,
dass sie die Rolle der Beschützerin seines
Lebens übernehmen musste, sobald es in Gefahr
geraten würde. Absurderweise lag der Grund
dafür ausgerechnet in den Werten der
Humanität, die die Chelorier bekämpften.
Koinos Khedma war jedoch gefasst. Mit einer
hellen, rauen Stimme sprach er leise: „Ich
habe die Erinnerungen an Sie, Pylades, und an
alles, was bisher geschehen ist. Alles, was
Zo-Ca’Riel in seiner ganzen Existenz erlebte,
lebend, wie auch als Psychoniumfragment bis
gerade eben, ist nun in meinem Gedächtnis und
ein Teil von mir. Wenn es das ist, was Sie
wünschen, so akzeptiere ich meine
Gefangenschaft.“
„Was wir vor allem wünschen“,
schaltete sich Qe-Le’Mahar ein, „sind
Antworten. Erklären Sie, wieso Sie Zo-Ca’Riels
Psychoniumfragment tragen. Was waren die
Umstände seines Todes? Warum verschmolzen Sie
und er zu einer Einheit?“ Der junge Chelorier
ging zu dem Grab Zo-Ca’Riels, hob die
kristalline Blume auf und betrachtete sie mit
– wie nur Asera es wahrnehmen konnte – sehr
traurigen Augen. „Ich will Ihnen alles sagen,
was ich weiß, doch es ist sehr schwierig,
einen Anfang zu finden. Meine Rolle in diesem
Verwirrspiel begann erst sehr spät – vor etwa
50 Jahren Ihrer Real-Zeit, so glaube ich. Sie
haben Del-Ka’Rahls Schilderung der Dinge
gehört, und dass seine Chronik der Okieean im
Jahre 1315 des Zeitalters von Um-Ni’Omnu
endete. Das war vor ca. zwei Millionen Jahren
Ihrer Real-Zeit. Das Volk der Okieean war fort
– aufgebrochen in eine Vergangenheit, die zehn
Milliarden Jahre Ihrer Real-Zeit zurückliegt.
Nur fünf Okieean waren geblieben. Sie wollten
feststellen, ob Athanakreon entstanden war,
und natürlich fanden sie schnell heraus, dass
dem tatsächlich so war. Seitdem war ihr Leben
in einem seltsamen Dämmerzustand. Sie waren
erfüllt von Zufriedenheit, von Glück über das
Schicksal ihres Volkes, aber auch von großer
Traurigkeit – sie waren allein, und das, was
sie bisher als ihre Zukunft angesehen hatten,
war nun zu einer grandiosen Vergangenheit
geworden. Zo-Ca’Riel sah für sein Leben keine
Zukunft, zumindest nicht die Zukunft, die er
sich erhofft hatte, und er grübelte lange Zeit
darüber nach, welche neuen Herausforderungen
es nun für ihn geben sollte. Die Okieean
Al-Li’Andra machte den ursprünglich
vorgesehenen Evolutionsschritt; sie wurde zu
einer neuen Lebensform, einem humanoiden
Wesen, das im Weltraum lebte, und so verließ
sie die Heimatwelt der Okieean. Sie verschwand
in den Weiten des Kosmos. Del-Ka’Rahl folgte
ihr ebenfalls.
Daraufhin tat Um-Ni’Omnu denselben
Schritt. Sie rief das Ende ihres Zeitalters
aus, und dann löste sie sich vom Boden des
Planeten. Ich habe Zo-Ca’Riels Erinnerung an
diesen Augenblick, sie ist sehr lebendig...
Die Schwerkraft hielt Um-Ni’Omnu nicht mehr,
und sie schwebte immer höher, bis sie zwischen
den Wolken verschwand. Das letzte, was er von
ihr sah, war ein Strahl, der in den
Spektralfarben aufblitzte, und weit
hinausschoss in das Vakuum. „In diesem Moment
beginnt das erste Jahr der Zeitrechnung des
Zo-Ca’Riel“, sprach der Okieean zu seinem
Freund Ry-Xar’Nihr, nicht ohne Grund, wie sich
schon bald herausstellen sollte. Es musste für
ihn einen großen Plan geben, einen wichtigen
Grund, um zu existieren. Er begann seine
Forschungen über die Geschichte Athanakreons
und des Universums. Die Okieean hatten ein
großes Wissen angesammelt, aber Zo-Ca’Riel
interessierte sich für Dinge, die bislang
niemanden interessiert hatten. Er sah
Athanakreon als eine weiterentwickelte Form
seiner selbst an, und es dürstete ihn nach
einer Herausforderung, nicht nur für ihn,
sondern auch für das, was einmal Teil von ihm
gewesen war: sein Volk, also mittlerweile
Athanakreon. An Ihren Gesichtern erkenne ich,
dass Sie anfangen, einen furchtbaren Verdacht
zu hegen, aber lassen Sie mich Ihnen
versichern, Pylades: Zo-Ca’Riel kam keineswegs
auf die Idee, an die Sie vermutlich gerade
denken – durch mich einen Zeitkrieg der
Chelorier gegen Athanakreon auszulösen...
Dies war wirklich nicht das, was er
vorhatte, und den Zeitkrieg hat er, so paradox
dies auch klingen mag, nicht erlebt, weil
dieser erst zwei Millionen Jahre später
beginnen sollte und noch nicht in Zo-Ca’Riels
Gegenwart eingebrochen war. Ich erzähle Ihnen
eine Geschichte, die es zur Zeit noch gibt,
denn der Angriff auf die Okieean wird ja erst
stattfinden. Und die Taten, die Zo-Ca’Riel
damals vollbrachte, sollten zur Folge haben,
dass sein Leben nicht durch Eingriffe im
Ablauf der Zeit verändert werden konnte. Er
beschloss, Genaueres über die höheren Mächte
herauszufinden, die für die Entstehung
Athanakreons verantwortlich waren, und er
verließ den Heimatplaneten der Okieean, um das
Kontinuum der Zeitmäander aufzuspüren.
Ry-Xar’Nihr begleitete ihn nicht, er wollte
sich auf die Suche nach Ihnen machen,
Qe-Le’Mahar, denn Sie waren damals ja nun
bereits seit vierhundert Jahren verschollen,
und Sie waren sein bester Freund – er wollte
Sie endlich wiedersehen. Was danach allerdings
mit Ry-Xar’Nihr geschah, weiß jedoch niemand –
er tauchte erst wieder auf, als er sich
bereits in einem Psychoniumfragment
destrukturiert hatte... Zo-Ca’Riel flog also
alleine zum Planeten Jiloi im
CHRONOMATERIE-UNIVERSUM, wo er herausfinden
wollte, auf welche Art er ins Kontinuum der
Zeitmäander gelangen konnte. Ein
ektoplasmatisches, in der Luft schwebendes
Kugelwesen namens Illuphirax und mehrere der
damaligen Kosmosophen, Cermberc, Mirciolm und
Gormolc erwarteten ihn jedoch bereits mit
einer kleinen Überraschung.
Dieses Bild ist noch sehr lebendig in
meiner Erinnerung, obwohl ich selber es nicht
erlebt habe. Illuphirax und Cermberc
spazierten mit Zo-Ca’Riel durch einen Hain
riesiger, bezaubernder, dunkelgrüner Blumen
und Bäume und offerierten ihm ein Geschenk.
„Sieh es als Aufmerksamkeit Athanakreons an,
als Dank dafür, dass du hiergeblieben bist.
Wir wollen dir die Sterblichkeit anbieten“,
sagte Cermberc, der schmächtige und hagere
Humanoide mit dem langen Haar aus purem
Platin, mit sanfter Liebenswürdigkeit. In
Zo-Ca’Riel stieg eisige Furcht auf, gepaart
mit Unglaube. „Das kann nicht euer Ernst
sein!“ sagte er. „Es ist grotesk, absolut
lächerlich! Ich suche eine Herausforderung,
und Ihr bietet mir – den Tod an?!“
Die schwebende Ektoplasmakugel
Illuphirax lachte rein telepathisch und legte
dar, was das Angebot zu bedeuten hatte.
„Athanakreon zweifelt sehr daran, dass
kosmische Omnipotenz und Unsterblichkeit der
wahre Weg für ihn sind, oder für uns. Er
bietet dir an, die anderen Möglichkeiten zu
erforschen, die es geben könnte...“ – „Wo ist
Athanakreon? Ich möchte ihm gerne persönlich
meine Meinung zu diesem Angebot sagen!“ rief
Zo-Ca’Riel, der noch immer empört war. „Er ist
nicht hier, er bekämpft gerade die Entität
Rhaji-Slemmni, den Plasmaring“, erklärte
Cermberc entschuldigend. „Nun, das will ich
ihm auch geraten haben! Es gibt kein Leben
nach dem Tod; Energie und Materie nehmen
völlig andere Form an. Nur unter speziellen
metaphysikalischen Gegebenheiten gibt es
bestimmte chemisch-elektrische Reaktionen mit
Permanenz, die ein Fortbestehen des
Bewusstseins ermöglichen – doch dieses ist in
einem solchen Fall natürlich nicht tot,
sondern es lebt noch! Nach dem Tod jedoch gibt
es nur Nicht-Existenz, so wie vor der Geburt!“
Illuphirax widersprach ihm. „Dieser
Aberglaube basiert auf der Unzulänglichkeit
wissenschaftlicher Fakten. Athanakreon weiß,
dass es ein Leben nach dem Tod gibt – in einer
Form allerdings, die er nicht kennt, ja die
überhaupt niemand kennen kann. Er bietet dir
die Chance an, es herauszufinden, und er
bittet dich, einen Weg zu finden, ihm das
Wissen von diesem Zustand zu vermitteln. Er
muss wissen, was für eine Form das Leben nach
dem Tode hat.“ – „Ich soll sterben, um als
Geist zurückzukehren und Athanakreon vom Leben
nach dem Tod zu berichten?“ Zo-Ca’Riel konnte
es nicht fassen. Cermberc schilderte, dass
sehr viele Sterbliche es bereits versucht
hatten, nachdem Athanakreon sie vor ihrem Tod
darum gebeten hatte. Selbst die vergangenen
Generationen der Kosmosophen, die bekanntlich
am Ende ihrer zehntausendjährigen Existenz den
Weg der Sterblichkeit beschreiten, hatten sich
nach ihrem Tod nicht gemeldet. Jetzt hatte
Athanakreon nur noch die Hoffnung, dass es
einem Okieean, einem von Natur aus
unsterblichen Humanoiden, gelingen würde, nach
der Transzendierung des Daseins Nachrichten
ins Diesseits zu übermitteln. Cermberc fügte
noch einen weiteren Aspekt hinzu. „Sieh es
doch einmal so. Vor nichts hast du Angst,
außer vielleicht vor dem Tod. Viele
Unsterbliche teilen diese Furcht mit dir oder
erhoffen sich den Tod, um sich von ihrem
Dasein zu erlösen. Eines Tages musst du dich
deiner großen Furcht stellen und sie besiegen.
Ist das nicht die größte Herausforderung
deines Lebens?“
Cermberc sprach diese Worte – und sie
berührten tatsächlich einen Nerv in
Zo-Ca’Riel. Er verbrachte einige Wochen auf
Jiloi und meditierte. Schließlich wandte er
sich an Illuphirax. „Wenn ich die
Sterblichkeit akzeptiere – wie lange bleibt
mir mein Leben noch erhalten?“ fragte er.
„Fünf Jahre“, sprach das Kugelwesen.
Zo-Ca’Riel erzitterte. Eine kurze Zeitspanne,
oftmals die kürzeste Dauer eines
Gefühlszustandes, und nun der Rest seines
Lebens, um mit allem angefüllt zu werden, was
noch wichtig sein sollte? Dies war vielleicht
wirklich die größte Herausforderung. Er atmete
ein paar Mal tief durch und traf seine
Entscheidung.
„Dann soll es so sein – mach‘ mich
sterblich, Illuphirax!“ Das leuchtende
Kugelwesen ließ einen dunkelvioletten Nebel
aufsteigen, der Zo-Ca’Riel umhüllte und in
sich auflöste. Als Zo-Ca’Riel wieder
körperlich wurde, hatte der Nebel seine
physische Struktur transformiert – und er
würde in fünf Jahren sterben! Mit einem
wilden, überschwänglichen Lachen
verabschiedete er sich von Cermberc und
Illuphirax, danach verließ er sofort den
Planeten Jiloi und das
CHRONOMATERIE-UNIVERSUM. Er war jetzt erfüllt
von wahnsinnigem Tatendrang und wollte so
viele Rätsel lösen wie irgend möglich. Das
größte Rätsel packte er gleich als erstes an.
Er steuerte ein Weißes Loch an, durch
das er in das Kontinuum Ti’Hayla gelangen
wollte, dem mysteriösen Reich der Hyperioner,
über die kein einziges Wesen in den anderen
bekannten Raum-Zeit-Kontinuen Bescheid weiß.
Sie scheinen etwas einwenden zu wollen,
Pylades, aber warten Sie bitte das Ende meiner
Geschichte ab – sie dauert nicht mehr lange.
Zo-Ca’Riel gelangte tatsächlich nach Ti’Hayla
und blieb dort für drei Jahre. Was er dort
erlebte, kann ich nicht schildern, es sind
Sinneseindrücke, die ich nicht begreifen oder
verarbeiten kann. Aber auch der Okieean selber
kehrte in einem Zustand geistiger
Desorientierung in unser Universum zurück.
Alle hielten ihn für umnachtet vom Wahnsinn,
aber dem war nicht so. Er dachte nur in völlig
fremdartigen Bahnen. Zo-Ca’Riel begab sich
hierher – in die Stadt Nakal, um ihre
Formstruktur zu rekonfigurieren. Illuphirax
und Cermberc suchten ihn auf. Sie waren sehr
besorgt um ihn, denn er wirkte vollkommen
irrsinnig und hatte immerhin nur noch zwei
Jahre zu leben.
Um so größer war ihre Überraschung, als
ihnen der Okieean erklärte, was er auf Nakal
konstruierte. „Ich nenne es das Orchester von
Malûn!“ rief er und zeigte begeistert in alle
Winkel der Stadt. „Einst hat uns der Klang
unserer Städte miteinander verbunden – wir
spürten unsere kollektive Ganzheit durch die
Musik und kommunizierten miteinander auf diese
Art über Lichtjahre hinweg. Ich habe das
Klangsystem Nakals verändert, und zwar nach
den Spezifikationen des Hyperioners Zharlan.
Das Orchester von Malûn ist nun ein Medium zur
Kommunikation mit dem Reich der Toten. Sobald
ich tot bin und Bescheid weiß über die exakte
Natur des Lebens nach dem Tode, werde ich euch
diese Informationen in musikalischer Form
durch das Orchester von Malûn zukommen lassen
– die Sinfonien und Gesänge des Todes werden
erklingen, wie von Geisterhand gespielt. Und
auch ihr, die Lebenden, könnt mir Botschaften
übermitteln. Wenn ihr das Orchester benutzt,
werde ich es hören! Auf diese Art und Weise
wird Athanakreon erfahren, was er wissen
will.“
Illuphirax war zutiefst beeindruckt und
verließ Nakal wieder. Der Kosmosoph Cermberc
beschloss jedoch, bei Zo-Ca’Riel zu bleiben.
Zum einen hatte dieser nicht mehr lange zu
leben, und zum anderen war Cermberc voller
Zweifel über den Plan Athanakreons. Nur höchst
selten hatte Zo-Ca’Riel klare Momente,
ansonsten plagten ihn Visionen des Wahnsinns.
Das Reich der Toten erwuchs in seiner
Vorstellung zu einem Paradies ewiger,
sinnlicher, ekstatischer Verzückung, den
Lebenden entrückt. Doch manchmal fand Cermberc
den Okieean von tiefster Angst gepackt; er
schrie, dass er nicht sterben wollte. Nach
einem besonders heftigen Anfall - tagelang
hatte er gebrüllt und geweint - erfassten ihn
Ruhe und Klarheit. Er war ansprechbar, und
Cermberc fragte ihn, ob das Orchester von
Malûn tatsächlich funktionieren könne.
Zo-Ca’Riel seufzte schwer. „Ich habe nicht die
geringste Ahnung. Es ist ein Prototyp nach
Entwürfen des Hyperioners Zharlan – der ein
Apologet der kosmischen ENTROPIE zu sein
scheint. Er befindet sich wegen seiner
radikalen Entwürfe zum voraussichtlichen Ende
des Universums in heftigem Streit mit dem
Hyperioner Ychon, einem
Materie-Energie-Harmonisierer. Eine
Botschafterin Zharlans hatte mir die Entwürfe
überbracht und mir mitgeteilt, dass Zharlan
sehr an der Erforschung des Reichs der Toten
interessiert sei. Es könnte also
funktionieren. Aber in meinem jetzigen Zustand
sind meine Sinne noch vernebelt vom Aufenthalt
in Ti’Hayla. Wenn ich im Delirium sterbe, hat
es nicht den geringsten Sinn. Und ich ... ich
will nicht sterben. Nicht auf diese Weise“,
sprach Zo-Ca’Riel, erschöpft und völlig ruhig.
Cermberc tat daraufhin etwas sehr
Ungewöhnliches, das in direktem Widerspruch zu
den Wünschen Athanakreons stand. „Ich kann dir
zwar nicht deine Unsterblichkeit zurückgeben,
aber ich kann dafür sorgen, dass sich deine
Essenz in einem Psychoniumfragment
konserviert. Dieses werde ich einem geeigneten
Träger übergeben. Bei deiner nächsten
Verstofflichung wirst du geistig wieder
vollkommen klar sein. Aufgrund deiner jetzigen
Verwirrung kann es allerdings passieren, dass
du einen Gedächtnisverlust erleiden wirst.
Unter Umständen wirst du denken, niemals
gestorben und in einem Psychoniumfragment
aufgegangen zu sein. Dein Träger wird dir
helfen, damit du dich orientieren kannst!“
erklärte Cermberc. Zo-Ca’Riel erklärte sich
einverstanden und bat den gütigen Kosmosophen,
Qe-Le’Mahar zu finden, denn dieser – also Sie
– sollte nach seinem Wunsch das
Psychoniumfragment tragen. Und so starb
Zo-Ca’Riel einige Monate später, hier in
Nakal, in völliger geistiger Umnachtung. Die
Essenz seines Wesens wurde jedoch von Cermberc
in ein Psychoniumfragment transformiert. Ich
nehme an, dass dieses Grab hier in
Wirklichkeit leer ist und nur eine rein
symbolische Funktion hat. Was als nächstes mit
dem Psychoniumfragment geschah, weiß ich
leider nicht genau. Cermberc muss es wohl eine
gewisse Zeitlang auf der Suche nach Ihnen
getragen haben; doch er musste die Suche bald
abbrechen.
Aus dem Kontinuum der Zeitmäander
tauchte erneut der Abgesandte Akzanar auf. Er
forderte Cermberc wohl auf, ihm das
Psychoniumfragment zu übergeben, und dieser
muss der Aufforderung gefolgt sein. Ich habe
eine vage Erinnerung an die erste
Manifestation Zo-Ca’Riels. Akzanar war
derjenige, mit dessen Körper er sich
verschmolzen hatte. Diese Manifestation fand
im Kontinuum der Zeitmäander statt, außerhalb
der Gesetzmäßigkeiten von Raum und Zeit. Jetzt
können Sie sich sicher denken, dass Zo-Ca’Riel
an diesem Ort von dem Wahnsinn des
Zeitenkrieges erfuhr. Eine geheimnisvolle Frau
namens Faebla nahm ihn auf eine Reise mit, die
ihn in wenigen Stunden vom ersten Tag bis zum
letzten Tag der Auseinandersetzung führte. Der
erste Tag des Krieges begann, als der Schwarze
Nebel aus dem Jahr 7499 nach der Zeitrechnung
von Altair IV um zehntausend Jahre
zurücksprang – in das Jahr 3459 terranischer
Zeitrechnung. Zu diesem Zeitpunkt rekrutierte
der Schwarze Nebel die Chelorier. Der letzte
Tag des Krieges wird im Jahre 7659 nach der
Zeitrechnung von Altair IV stattfinden. Eine
Entität namens Zerqa-Thvoxos wird auftauchen
und um 100 Millionen Jahre zurück in die
Vergangenheit reisen – dort verhindert sie den
Anfang der Existenz der Chelorier, des
Zolthai, der Okieean und Athanakreons – und
übernimmt somit den gewaltigsten
Potential-Cluster in diesem Raumzeitkontinuum,
nachdem sich der Schwarze Nebel mit ihr
vereinigt.
Das einzige, was Faebla und Zo-Ca’Riel
auf ihrer Zeitreise nicht sehen konnten, war
Zo-Ca’Riels eigene Zukunft. Das Fehlen seiner
eigenen Zeitlinie schien ein gutes Omen...
Seine offizielle Geschichte war zu Ende
gegangen – mit diesem Grab, vor dem wir hier
stehen. Den Rest können Sie sich denken.“
*
Der junge Chelorier verstummte.
Erschöpft sank er zu Boden und lehnte sich an
das Grab, noch immer geschwächt von seiner
Rematerialisation. Pylades sah auf ihn herab,
nicht länger geringschätzig, sondern mit einer
gewissen Rührung. Koinos Khedma war durch
seine Erfahrungen in der Para-Existenz mit
Zo-Ca’Riel ein völlig anderer Chelorier
geworden.
„Ja. Zo-Ca’Riel beschloss,
einzugreifen. Er reiste in die Vergangenheit
zurück, um ca. 50 Jahre, und flog nach
L’lltuhm, der Heimatgalaxis der Chelorier.
Dort suchte er dich auf, und du warst noch ein
Junge,“ erkannte Asera Ghor. „Nein. Akzanar
brachte mir das Psychoniumfragment – vorher
entführte er mich auf den Planeten Parusia,
eine geheime Welt in L’lltuhm – dort fand die
Verschmelzung statt. Zo-Ca’Riel
materialisierte sich zum zweiten Mal, während
ich mich auflöste und mein Bewusstsein Teil
von ihm wurde. Leider kam es dabei zu einem
weiteren Gedächtnisverlust. Zo-Ca’Riel wusste
gar nicht mehr, dass er überhaupt gestorben
war, und ich konnte keinen Kontakt zu ihm
herstellen. Seine Erinnerung kam erst eben,
als er sich bereits wieder auflöste. So hatte
er die letzten 50 Jahre damit verbracht,
herauszufinden, was mit ihm geschehen war. Es
ist ein starkes Psychoniumfragment, das ihm
daher eine extrem lange Manifestationsdauer
ermöglichte... Und doch geschah in dieser
Zeit, was er ursprünglich gewollt hatte. Ich
sah mit seinen Augen, fühlte mit seinen
Sinnen. Ich hatte Teil an seiner Weisheit und
der Erinnerung an sein Volk... Mein Leben als
Teil von ihm war seltsam, schön und
ergreifend! Ich weiß jetzt, dass ich niemals
in meinem Leben etwas tun werde, um die
Galaxis in ein derartiges Chaos zu stürzen.“
Die Stimme von Koinos Khedma brach. Tonlos
flüsterte er: „... Ich muss jetzt dorthin
zurück, wo ich entführt wurde, genau an diesen
Zeitpunkt in die Vergangenheit vor 50 Jahren,
meinen Platz in der Geschichte wieder
einnehmen und die Chelorier auf den Weg des
Friedens bringen.“
Qe-Le’Mahar runzelte die Stirn und
strich sich gleichzeitig über sein Kinn. So
wundervoll und vielversprechend dieser Plan
auch klang, so irritierte den Okieean dennoch
eine Kleinigkeit. „Du selber bist also noch
niemals durch die Zeit gereist? Du hast die
letzten 50 Jahre in Symbiose mit Zo-Ca’Riel
verbracht?“ – „Ja“, antwortete Koinos und
schien verwirrt zu sein. „Warum fragen Sie
das?“ – „Weil es noch ein kleines Mysterium
gibt. Es wartet auf dich in deiner Zukunft –
und es liegt in der Vergangenheit des Dunklen
Herrschers von IRIA, der erwachsen ist, denn
dieser ist ja kein bisschen daran
interessiert, den Weg des Friedens zu
beschreiten!“ – „Mein Freund Ionos, der
Roboter der Kosmosophen, hatte bereits eine
beinahe tödliche Begegnung mit deinem
zukünftigen Selbst, Koinos. Und da du
Zo-Ca’Riels Erinnerungen teilst, solltest du
das wissen,“ fügte Pylades hinzu.
Koinos Khedma rief unglücklich: „Ich
schwöre Ihnen, dass ich das niemals tun
werde!“ Qe-Le’Mahar schüttelte den Kopf.
„Völlig bedeutungslos. Da du hier bist, stellt
der jetzige Dunkle Herrscher dein zukünftiges
Selbst dar, und wir müssen herausfinden, was
mit ihm geschah, bzw. was mit dir geschehen
wird. Vorher können wir dich nicht
zurückschicken.“ – „Vielleicht wirst du als
erwachsener Chelorier die idealistischen
Hirngespinste ablehnen, an die du jetzt in
deiner Jugend noch glaubst,“ spottete Pylades
bissig. Koinos Khedma fuhr auf. „Niemals! Eher
würde ich ...“
Ein dröhnender Klang erfüllte plötzlich
die Stadt Nakal, ein Klang wie von tausend
Posaunen. Überrascht verstummte der junge
Chelorier. Asera Ghor fuhr erschrocken zur
Tür. Der Posaunentumult dauerte fünf endlos
wirkende Sekunden, dann herrschte wieder
Stille.
„Ist das ein exaltiertes Alarmsignal
Nakals?“ fragte Asera, die in Gedanken bereits
einen chelorischen Flottenverband im Orbit von
Triton kreisen sah. „Nein, meine Schwester.“
Qe-Le’Mahar lief aus der Grabkammer und trat
an eines der großen Fenster der Bibliothek.
Von dort aus blickte er über die verlassene
Stadt. Die anderen folgten ihm. Der Okieean
war verwirrt. „Das gehört überhaupt nicht zum
Klangmodus der Stadt... Hört ihr etwas?“
Pylades‘ akustische Sinne waren
unübertrefflich, wie alle Eigenschaften seines
energetisch projizierten Körpers. „Ich kann
nicht das geringste hören“, stellte er fest.
„Eben!“ rief Qe-Le’Mahar: „Absolute Stille.
Selbst das reguläre Klingen ist fort!“ Kein
noch so leiser Ton durchdrang die Stille.
Unvermittelt kamen ihnen die
Verlassenheit und das unglaubliche Alter
dieses Ortes in der Tiefe des Neptunmondes in
den Sinn. Zwei Millionen Jahre waren
vergangen, seit irgendjemand zum letzten Mal
hier gewesen war. „Lasst uns aufbrechen“,
sagte Asera Ghor. Niemand widersprach. Das
Lichtquantenphantom Del-Ka’Rahls löste sich
grußlos auf. Gerade verließen sie den
hängenden Turm und liefen die Treppe zur Ebene
hinab, als mit ohrenbetäubendem Getöse ein
wilder Tusch ertönte. Der einzige, der sich
nicht die Ohren zuhalten musste, war Pylades.
Es war, als ob sich alle Musikinstrumente, die
es im Universum gab, in einem grandiosen
Klangkörper vereinigten. „Das Orchester von
Malûn!“ begriff Asera Ghor – sie musste
brüllen, um den infernalischen Lärm zu
übertönen.
„HAHAHA! Ganz recht!“ sang ein
Chor mit den Stimmen aller bekannten
Lebewesen. „Und ihr seid lebende Wesen!“
Ein sich bedrohlich steigerndes Crescendo des
Todes umwallte sie mit allem, was im Bereich
der Akustik lag. „Lebende Wesen - an der
Schwelle zum Übergang! Ihr braucht nicht
länger zu warten!“ Die Stadt begann sich
rasant zu verformen. Stalaktiten wuchsen von
der Decke herunter. „Rennt!“ schrie
Qe-Le’Mahar und sprang mit einem wilden Satz
zur Seite, um einem pfeilschnell herabjagenden
Stalaktit auszuweichen, dessen Spitze ihm
beinahe den Kopf gespalten hätte. Sie rannten
los, aber die Oberfläche der Ebene veränderte
ihren Aggregatzustand von fest zu dickflüssig.
„Hilfe!“ schrie Koinos Khedma, über dem die
bacchantischen Wogen con brio
zusammenschlugen. Er versank, von einem
Substanz gewordenen Allegro in die Tiefe
gezerrt.
Pylades handelte blitzschnell und
verwandelte sich – in Bruchteilen von Sekunden
waren ihm Flügel gewachsen, und er
beschleunigte seinen eigenen Zeitablauf. Der
junge Chelorier sah ihn in Zeitraffer
heransausen. Ehe er ihm seine Arme
entgegenstrecken konnte, löste sich ein
Plasmastrom aus Pylades’ Händen und umfloss
Koinos Khedma – wie eine Schutzmembran gegen
die Materie dieser Stadt, aus der ihn der
Xandyrier dann herauszog. Zwei Extra-Arme
wuchsen aus ihm und hielten den
Chelorierjungen fest. Nur mit Mühe konnte er
den von allen Seiten auf sie zustoßenden
Spießen ausweichen. Es war ein prachtvolles
Ballett extrem schroffen Übermuts, begleitet
von einem berückenden Sirenengesang aus der
Ferne. “Wo sind Qe-Le’Mahar und Asera Ghor?”
versuchte Koinos Khedma die bombastische
Sinfonie zu übertönen. Besorgt sah sich
Pylades nach ihnen um, während er pfeilschnell
durch die Höhle schoss. Er fand sie jedoch
schnell. Der Okieean hatte Asera Ghor an sich
gezogen und eine eigene Gravitationssphäre um
sich gebildet, so dass sie ebenfalls durch die
Luft schwebten.
Die mit ansteigendem Tempo immer
heftiger werdenden Kollisionen mit den Türmen,
Obelisken und Brücken, die sich auf sie
stürzten, wurden von Qe-Le’Mahars Sphäre
größtenteils absorbiert. Die wilden Tanzsätze
Nakals waren der perfekte choreographische
Ausdruck dafür, wie verführerisch der Tod sein
wollte. “Ich kann mein Feld nicht mehr lange
aufrechterhalten”, sagte der Okieean
erschöpft. Noch hatte er den Eingang zu der
unterirdischen Stadt nicht erreicht. Der
entsetzliche, multitonale Chor aus
Zehntausenden von holographisch projizierten
berühmten Sängern und Sängerinnen galaktischer
Geschichte begann erneut zu singen, und die
Stadt bewegte sich dazu in einem stakkatischen
Aufbäumen. “Kommt, ihr Lebenden”,
sangen sie, “ich warte auf euch, so lange
schon! Gebt euch dem Tode hin, dessen Musik
ihr hier vernehmt! Spürt endlich, wie
wundervoll es ist! Lasst das Orchester von
Malûn in eure Herzen und sterbt! Sterbt!”
Asera Ghor knurrte Qe-Le’Mahar an. “Das
sind ja nun wesentlich mehr Geheimnisse über
dein Volk, als ich jemals wissen wollte.” –
“Der Eingang hat sich verschlossen!” rief
Pylades aus, als sie gerade dort ankamen.
Qe-Le’Mahar ließ sich nicht aus der Ruhe
bringen. “Der Schacht nach oben befindet sich
trotzdem noch dahinter – er besteht
nicht aus dem elastischen Material Nakals,
sondern ist in Tritons natürliches Felsgestein
hineingewunden.” Pylades verwandelte sich
erneut. Aus seiner Hand schoss ein dünner
extrem spitzer Kegel und bohrte sich in die
Wand. Kaum hatte er sie durchbrochen,
vergrößerte er den Zylinder zu einem Rohr und
floss mit seiner ganzen Materie in dieses
hinein. Der Druck, gegen den er kämpfen
musste, war unglaublich. Um sie herum war die
Musik zu einem einzigen pandämonischen Brüllen
von unerfüllter Begierde, atemberaubender
Verführung und zornentbrannter Verzweiflung
geworden.
Qe-Le’Mahar, Asera Ghor und Koinos
Khedma rannten durch das zylindrische Rohr,
das Pylades aus sich gebildet hatte, aus der
Stadt heraus in den dunklen Schacht, der an
die Oberfläche Tritons führte. Sofort
aktivierte der Okieean seine
Gravitationssphäre und raste mit den beiden
Cheloriern empor. Pylades floss aus der Wand,
formte sich selbst zurück, wieder mit
zusätzlichen Flügeln, und jagte ihnen nach.
Unter ihm erklang eine dumpf grollende
Transposition, und er schaute beunruhigt nach
unten. Mit donnernder Vehemenz, kreischenden
Burlesken, tragisch bewegt, folgte ihnen ein
Ausläufer der Stadt mit siebzig singenden
Drachenköpfen. “Warum wollt ihr nicht
sterben? Hört ihr nicht die Botschaft? Kommt
– und seid glücklich!!”
Asera Ghor schoss aus ihrem Laser in
die Tiefe; zwar traf sie, aber das Tempo der
emporsteigenden Drachenköpfe veränderte sich
nicht. Diesmal nahm die Chelorierin die Rasanz
der Bewegung durch den Schacht sehr wohl wahr.
Schließlich bremste der Okieean, und sie
erreichten die Halle des Übergangs zur
xandyrischen Station Eléodschahlihl. Die
qualvollen Donnersätze rückten rasch näher.
“Schießt in die Decke des Schachts! Wir müssen
ihn zum Einsturz bringen!” rief Asera Ghor.
Sie feuerten ihre Laser ab, und die Trümmer
stürzten in den Schacht. Das Orchester von
Malûn brüllte auf in einem atonalen Rondo und
verstummte. Sicherheitshalber brachten sie die
gesamte Eingangshalle zum Einsturz, bevor sie
zurück zu ihren Schiffen eilten.
Doch selbst in Eléodschahlihl waren die
Vibrationen des höllischen Orchesters
wahrzunehmen. Im Hangar standen die N'TELAVRA
und die MORENA. “Mein Schiff ist schwer
beschädigt – ich weiß nicht, ob ich damit vom
Boden hochkomme”, sagte Qe-Le’Mahar betrübt.
Pylades überlegte nicht lange. “Wir fliegen
alle mit der N'TELAVRA.” Sie betraten das
Schiff des Xandyriers, welches sich während
der ganzen Zeit in Notstartbereitschaft
befunden hatte. Pylades und Qe-Le’Mahar eilten
vor in die Steuerzentrale, während sich Asera
Ghor um den verstörten Koinos Khedma kümmerte,
dessen Hörorgan durch den orgiastischen Lärm
schwer verletzt worden war – er konnte
überhaupt nichts mehr hören...
Die Lande- und Startplattform schob
sich nach oben, und die Luken öffneten sich.
Das Schiff stand auf der Oberfläche der
Station und sollte gerade abheben, als sich
ein riesiger Zacken Nakals direkt neben ihr
aus dem Eis bohrte. Ein riesiges Auge funkelte
sie an. Weitere Pfeiler stießen aus dem Boden
heraus und wölbten sich über das Schiff. “Ein
Käfig”, flüsterte Pylades und aktivierte die
Pulsarkanone der N'TELAVRA. Eine Pulsarkugel
zerstob die Kuppel, und Pylades startete. Mit
voller Kraft erhob sich das xandyrische Schiff
und raste von der Oberfläche fort. Ein letzter
Plasmafühler Nakals zuckte kilometerhoch auf
sie zu, und Pylades riss die N'TELAVRA auf
einen anderen Kurs. Dann waren sie im freien
Raum, außerhalb der Reichweite dieser
Monstrosität.
*
Qe-Le’Mahar atmete erleichtert auf und
lehnte sich zurück. Asera Ghor kam in die
Steuerzentrale. “Gegen einen kleinen Zeitkrieg
der Chelorier habe ich jetzt nichts mehr
einzuwenden”, grollte sie. Der Okieean lachte.
“Wir werden etwas für dich arrangieren, meine
Schwester. Nicht wahr, Pylades? ... Pylades?”
Der Xandyrier antwortete nicht. Er war in die
Beobachtung der Sensoren vertieft. “Die
Scanner haben im ganzen Sektor das Auftauchen
eines riesigen hyperenergetischen Potentials
registriert”, erklärte er düster. “Eine Art
Energieblase, mit einem Durchmesser von 19
Lichtjahren, und wir sind mittendrin.”
Jeder von ihnen
wusste, was dies zu bedeuten hatte. Der
Y-Morphoscalor-Schirm der Chelorier war
erschienen und hatte das SOL-System in sich
aufgenommen, um es aus dieser Galaxis zu
entführen.
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